Während ihr dunkles Timbre ganz klar an die beiden größten Nicht-Sängerinnen Deutschlands erinnert – Hildegard Knef und Nico („Hello, I Found You“) – ist die in Baltimore geborene Kennedy ihnen gesanglich um Lichtjahre voraus. Das ist auch der Grund, warum die vielen mehrstimmigen Arrangements, die sie mit sich selbst eingesungen hat, entsprechend funktionieren. Wobei: Statt „gesanglich“ wäre „stimmlich“ eigentlich korrekter. Was Frau Kennedy mit dem Band in ihrem Kehlkopf so zustande bringt, geht nämlich weit über das hinaus, was noch als Gesang definierbar wäre: Sie schmachtet, quiekt, croont, scattet, lautmalt und heult, dass es nur so eine Freude ist. Dabei verkommen diese kapriziösen Kapriolen niemals zum Selbstzweck. Sie fungieren eher als Zutaten, mit denen die Kennedy ihrer eh schon hervorragend abgeschmeckten Musiksuppe den letzten Kick verpasst.
Apropos abschmecken: Mit ihr in der Klangküche war Mense Reents, einer D E R musikalischen Strippenzieher und Knöppedreher des Tors zur Welt. Als Produzent verpasste er der heterogenen Kennedy-Kunst den Schliff, den sie zur verbesserten Wiedererkennung tatsächlich noch brauchte. So unterschiedlich die insgesamt elf Songs auf „Sophia Kennedy“ sich auch gerieren (ob das an Oscar Brown, Jr.s „Brother, Where Are You“ erinnernde „Build Me A House“, das auch Jessy Lanza bestimmt gut zu Gesicht stehende „3,05“ oder den heimwehigen Gershwin-Goes-Ambient-Kitsch namens „Baltimore“) – dank Mense gehören sie unüberhörbar zu diesem und auf dieses Album.
Weil es soundtechnisch so gut wie nichts zu bestanden gibt, muss sich der Autor die Kritik aus den Rippen schneiden. Und findet: Wenn überhaupt etwas optimierbar ist auf dem Debüt-Album Sophia Kennedys, dann ja wohl das Art-Work. Klar, DIY ist es ohne Frage. Aber eben auch leider. Außerdem bricht es mit einer gewissen Pampa-Artist-Alben-Gestaltungs-Tradition - wenn man von so etwas überhaupt sprechen kann. Aber das hat man dem Erfinder des Plattencovers, Alex Steinweiss, schon vor 80 Jahren vorgeworfen. Also: Who am I? – Geht los und gönnt Euch dieses bisschen Geile Scheiße.
Foto: Rosanna Graf