Bevor’s losgeht, gleich mal zum Punkt: Hintergrundinformationen zur Namenspatronin und möglichen Schwester im Geiste finden sich entweder in der großen Online-Enzyklopädie oder in so gut wie jeder anderen Besprechung des VÖ-Waschzettels … Hier geht es ausschließlich um die Musik auf „Not Now“, dem Debüt-Album des Frauen-Vierers aus Hamburg.
Bow Records / Smarten-Up / Rough Trade
18. Mai 2012
Erhältlich bei:
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Eigentlich sind Frauenbands kein Aufreger mehr. Wurde ja auch Zeit. Um sogenannte Männerbands hat man schließlich auch keinen solchen Bohei veranstaltet. Und trotzdem: Wer Frauenband sagt oder schreibt, der muss gleich Bangles oder Wilson Philips oder Dixie Chicks denken. Was nicht nur irgendwie ungerecht scheint, sondern darüber hinaus auch leicht realitätsverzerrend. The Slits, L7, Birtha, Bikini Kill, Bratmobile, 7 Year Bitch und Sleater Kinney gab es ja auch noch. Erst recht die All Saints, Spice Girls und Bananarama. Wobei: hier mischen sich Spreu und Weizen auf äußerst ungünstige Weise. Mit den drei letztgenannten haben Clara Bow wenig gemein – bis auf’s Geschlecht.
Neuer Versuch: eigentlich sind Frauenbands kein Aufreger mehr, selbst dann, wenn sie dem von Männern gern als klassisch definierten Hupfdohlen-Rollen-Klischee nicht entsprechen. Und trotzdem hat der Autor das Gefühl, dass es sich bei Clara Bow und ihrem Album um etwas Besonderes handelt – und das wohlmöglich vollkommen unabhängig vom Geschlecht. Wieso das so ist? – Vielleicht deswegen: Clara Bows Mitglieder sind Frauen – kein Junggemüse. Clara Bows Mitglieder mögen auch sonst viel mit Musik am Damenhut haben, hauptberuflich Interpret ist keine von ihnen – Aufnahmen, Auftritte und anderes auf sich zu nehmen, wenn man eigentlich nur mal schnell in den Hobbykeller wollte, das ist schon ganz schön „Wow“! Um das eigene Album veröffentlichen zu können, habe Clara Bows Mitglieder kurzerhand ein eigenes Label gegründet – natürlich auch nebenbei.
Jeannine Alice Rüdiger, Phyllis Schürger, Katrin Hesse und Dr. Ingrid Müller muggen schon seit geraumer Zeit miteinander. Seit gefühlten sieben Jahren offiziell als Clara Bow. Und mit „Not Now“ ist nun endlich ihr Album-Debüt erschienen. Was sich über die Jahre und in unzähligen Proberaum-Stunden langsam aber sicher als größter musikalischer Nenner entpuppte, kanalisiert sich jetzt öffentlichkeitswirksam auf 12 Songs, von denen nur ein kleiner Teil die 3-Minuten-Marke knackt und deren Kurzstrecken-Sieger „Gis“ bereits nach 1:28 am Ziel ist.
Was dem Ohr sofort auffällt: in einem früheren Leben war Katrin Hesse mit einer Inkarnation Patti Smiths verwandt. Nicht nur das Timbre erinnert verblüffend an die Punk-Rock-Heilige. Auch Hesses Kaum- bzw. Nicht-Gesang irgendwo zwischen Lou Reed und P.J. Harvey löst entsprechende Assoziationen aus. Ansonsten zeichnen sich die Bows durch schimmrig-stimmige Vokalsätze aus, die zum Beispiel auf „Won’t Bring It Back“ oder dem Titelstück „Not Now“ mal mehr nach Background-Chor und bei „Mail Box“ oder „Restart“ eher nach Stadion-Gegröhle klingen. Dazu schrammeln die Gitarren und das Schlagzeug rumpelt bis das Becken bricht. Ben Schadow, der das Debüt des Vierers komponierte produzierte, verpasste den Damen einen Sound, der zwischen DIY-Garagen-Rock und frühem Wave oszilliert. Und sich auf diese Weise das Beste aus Breeders, Luscious Jackson und den Babes in Toyland sichert.
Fazit: mehr davon. Nur der Teutonen-Akzent ist überflüssig. Sänk Ju for Abstelling. Übrigens sind Clara Bow nur deswegen eine Frauenband, weil sie keine Männer mit in die Proberäume vom Frauenmusikzentrum mitnehmen durften …
2 comments: On Bow? Wow, Wow! – „Not Now“ von Clara Bow
Hi Thomas,
herzlichen Dank für die tolle Kritik!!! Eines müssen wir allerdings korrigieren: Ben hat großartige Arbeit als Produzent geleistet, aber die Komposition ist jedoch allein unser Werk 😉
Besten Gruß,
Clara Bow
Hallo Clara Bow – Ihr habt natürlich sowas von recht … Schon korrigiert!
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